Neue Technologien werden zuerst gehyped, stürzen dann in der öffentlichen Wahrnehmung ab, um sich am Ende doch durchzusetzen (natürlich bleiben manche auch auf ewig in der Versenkung). Häufig stellt man im Nachhinein fest, dass beim ersten Hype die Voraussetzungen für einen breiten Erfolg noch gar nicht gegeben waren; so geschehen während der «Dotcom Bubble» Ende der 1990er, als es für die meisten PC-Nutzer noch viel zu mühsam war, online zu gehen. Das änderte sich zuerst mit Breitband ein bisschen – aber erst zehn Jahre später fegte der Smartphone-Tsunami alle Zugangshindernisse weg.
Es lassen sich immer Beispiele für jede Phase finden: Videokonferenzen etc. sind in der Pandemie definitiv auf dem Plateau angekommen. Elektroautos scheinen nach langem Hin und Her nun stetig dorthin zu klettern. Und so weiter.
Zuletzt haben wir vor allem zwei fulminante Ab- und Aufsteiger gesehen. Der prominente Crash ist natürlich das Metaverse. Vor einem Jahr noch in aller Munde scheint es derzeit wirklich niemanden mehr zu interessieren. Das liegt wieder mal daran, dass noch niemand die Hardware hat. Auch wenn die Headsets inzwischen «nur» noch rund 500 $/€/CHF kosten, habe ich noch nie einen Grund gesehen, mir eins zu kaufen, weil es eben noch keine Anwendungen gibt – das klassische Dilemma. Ob das so bleibt oder der Zyklus durchlaufen wird: keine Ahnung. 🤷
Fest steht, dass das Metaverse aus unserer Wahrnehmung verdrängt wurde vom Hype um eine andere Technologie: künstliche Intelligenz mit dem Aushängeschild ChatGPT, die den kometenhaftesten Aufstieg hingelegt hat, den die Hype-gewohnte Branche je gesehen hat.
Wird auch hier die Ernüchterung folgen? Wir wissen es nicht. Vielleicht teilweise schon, etwa aus den derzeit viel diskutierten ethischen Überlegungen. Oder weil jemand ausrechnet, dass es uns Menschen doch noch eine Weile brauchen wird – zum Glück! Aber den Geist zurück in die Flasche zu bekommen wird unmöglich sein.
Sicher ein Grund dafür: Für Enduser gibt es praktisch keine Nutzungshürden. Jeder und jede kann sich bei OpenAI einen Account anlegen und einfach drauflos chatten. Nach fünf Minuten ist man das erste Mal beeindruckt.
Ein weiterer: Es geht mit schwindelerregendem Tempo vorwärts. Noch im Februar kam ich an dieser Stelle unter dem Titel «Schreibt demnächst ChatGPT diesen Newsletter?» zum Ergebnis: wohl noch recht lange nicht. Seitdem ist sehr viel passiert, und ich bin schon weniger sicher. Ja, originelle Texte mit Liebe kann es immer noch nicht. Editorials als Zusammenfassung mehrerer Artikel aber nun schon recht gut.
Für am wichtigsten halte ich die Tatsache, dass es auch für Firmen sehr einfach einzusetzen ist. Vor vier Wochen hatte ich spätabends gesehen, dass die neue Version von ChatGPT Artikel zusammenfassen kann, und wir zugleich Zugang zur API bekommen hatten, also zur Schnittstelle für andere Softwareprogramme. Am nächsten Tag habe ich einen unserer Entwickler gefragt, wie kompliziert die Anbindung an Scope wäre. Wiederum am nächsten Tag meldete er Vollzug und schickte uns einen Link auf die funktionierende Test-Integration.
Wenig später konnten wir das neue Feature bereits unseren Kunden zur Verfügung stellen, die nun direkt in Scope buchstäblich auf Knopfdruck Zusammenfassungen der kuratierten Artikel generieren können. Die Erfahrungen sind insgesamt sehr gut. ChatGPT bringt es meist gut auf den Punkt (dass es ab und zu ziemlichen Unsinn schreibt, stimmt allerdings auch – noch).
Es erstellt zum Beispiel gute LinkedIn-Posts mit Bullets und Hashtags und macht das Bespielen von Social Media aus Scope damit schon jetzt viel produktiver. Wir haben auch schon diverse andere Anwendungen gefunden, etwa Fachthemen zu gliedern und für diese Suchbegriffe zu generieren, die wir direkt in Scope verwenden können. Für uns ist die Zeitersparnis schon jetzt substanziell.
Wie gesagt, wir wissen nicht, was als nächstes passiert – aber passend zum ebenfalls unvermeidlichen Frühling spüren wir eine enorme Aufbruchsstimmung. Wer mitkommen möchte, kann sich gern bei mir melden.
Beste Grüsse
Peter Hogenkamp
PS. Bei aller Chat-Euphorie haben wir im März auch noch viel anderes gemacht: Kunden des Zürcher Newsletter-Anbieters mailXpert können nun dort kuratierte Inhalte von Scope nutzen. Und wir haben ein Newsletter-Webinar durchgeführt, dessen Take-Aways der Veranstalter sehr schön zusammengefasst hat. Zudem finden Sie unten natürlich wieder einige lesenswerte Artikel, natürlich auch zum Einsatz von KI im Marketing. 😊