Was «Jeopardy!» und die Unispitäler Genf sowie Zürich gemeinsam haben

Reto Vogt Reto Vogt on 16. November 2019 09:15:00 MEZ

Künstliche Intelligenz ist im Gesundheitswesen präsent. Zwei der renommiertesten Schweizer Spitäler setzen auf IBM-Technik.

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Watson stellt seine menschlichen Kontrahenten in den Schatten (Bild: Ted)

Im Jahr 2011 hatte er seinen ersten grossen Fernsehauftritt: Watson. IBMs Supercomputer besiegte im Ratespiel «Jeopardy!» die bis dato besten Kandidaten deutlich (Zusammenschnitt bei YouTube, 3:46 min.). Eine Sensation, mit der IBM seinen eigenen Erfolg von 1997, den Sieg des Schachcomputers «Deep Blue» gegen den damaligen Weltmeister Garri Kasparow, in den Schatten stellte.

Watson sorgt für Effizienz bei einer Versicherung

Sechs Jahre später war es dann kein Spiel mehr: Der japanische Lebensversicherer Fukoku Mutual Life Insurance gab Anfang 2017 bekannt, Watson einzusetzen, um Berichte von Ärzt*innen einzulesen, sie zu verschlagworten und Informationen wie die Art der Operation oder die Länge eines Krankenhausaufenthalts sammeln. Reine Administrationsarbeit – noch!

Die Medizin findet nämlich Gefallen an Watson: Das Unispital Genf setzt seit Kurzem als erstes Krankenhaus Europas auf künstliche Intelligenz bei Krebsbehandlungen. Watson führt Molekularanalysen von Tumoren durch und schlägt Medikamente vor, die deren Wachstum stoppen sollen. Menschen könnten entsprechende Analysen ebenfalls durchführen, bräuchten dafür aber viel länger.

Künstliche Intelligenz kann Leben retten

Auch das Zürcher Unispital testet den Einsatz von künstlicher Intelligenz von IBM. Emanuela Keller, Professorin und ärztliche Leiterin der Neurochirurgischen Intensivstation, sagt: «Hier ist der Ort, wo Technologie, ausser im Operationssaal, am direktesten Leben rettet». Gelesen habe ich das nicht in den öffentlichen Medien, sondern in einem hauseigenen Magazin des USZ.

Laut dem Artikel generiert die automatische Überwachung auf den Intensivstationen des Spitals von Patientinnen und Patienten pro Tag und Person Unmengen an Daten. Dass für die Analyse dieser Datenmengen künstliche Intelligenz genutzt wird, erstaunt also nicht: Sie soll helfen, die Entwicklung des Gesundheitszustands von Patienten vorauszusagen und therapeutische Empfehlungen zu geben.

App oder Arzt, das ist hier die Frage

Dass Voraussagen aufgrund gesammelter Daten mit künstlicher Intelligenz im Grossen möglich sind, beweist die wegen unsorgfältigen Umgangs mit Daten in der Kritik stehende App «Ada Health» im Kleinen: Man tippt seine Beschwerden ein, zum Beispiel «Kopfschmerzen», und beantwortet anschliessend eine Reihe von Fragen. Mir gehts zwar bestens, aber habe trotzdem wahrheitsgetreu beantwortet, was Ada von mir wissen wollte. Sie diagnostizierte: «7 von 10 Personen mit diesen Symptomen haben ‹Augenbelastung›». Ursachen dafür seien längeres Starren auf Computerbildschirme und geringe Aufnahme von grünem Blattgemüse.

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Nun, ganz so falsch ist die Diagnose nicht, ich gebe es ja zu. Doch ich will auf etwas anderes hinaus: Der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Gesundheitsbereich ist sinnvoll – solange er von Fachpersonal begleitet ist. Informationen zu seiner Gesundheit einer App anzuvertrauen, würde ich hingegen nicht weiterempfehlen. Ich bin gespannt, ob aufgrund meines Tests mit Ada demnächst Mittel gegen starkes Kopfweh oder Werbung für grünes Blattgemüse in meiner Facebook-Timeline erscheinen.

Topics: Digitalisierung