Nutzwert, Liebe & etwas Technik – Newsletter, das todsichere Ding

Peter Hogenkamp Peter Hogenkamp on 20. Februar 2023 10:30:03 MEZ

Es braucht nicht viel, um Newsletter (wieder) zu einem attraktiven Kommunikations- und Marketing-Tool zu machen. Oft genügen schon die richtige Technik, ein klarer Nutzwert und eine Prise Liebe zum Medium. 

Ein Essay von Peter Hogenkamp erschienen im Magazin m&k
Laden Sie hier den Artikel als pdf herunter. 

Newsletter Marketing

Foto von Daria Nepriakhina 🇺🇦 auf Unsplash

 

Die Medien berichten immer wieder von IT-Projekten, die im grossen Stil gescheitert sind: Der Bund hat Millionen für eine Software ausgegeben, nun wird sie eingestampft, Versicherer A stellt dieses Projekt ein, Bank B jenes.

 

Dagegen werden wir folgende Nachricht vermutlich nie zu sehen bekommen: «Ambitioniertes Newsletter-Projekt gegen die Wand gefahren.» Denn die gute Nachricht lautet: Newsletter sind an sich einfach, man benötigt kein hohes Budget oder ausserordentliche Tech-Kompetenz (ein paar Sachen sollte man natürlich schon beherzigen; siehe Listicle unten), um einen aufzugleisen und zu versenden. Wer bei einem der unzähligen spezialisierten Softwareanbieter ein Konto eröffnet, sich durch die Assistenten klickt und natürlich die Adressen der Empfänger:innen beisammen hat, kann recht schnell die erste Ausgabe versenden. 

Newsletter sind verlockend unkompliziert

Umgekehrt birgt natürlich genau diese Einfachheit die Gefahr, dass man ein wenig konzeptlos drauflos versendet, um im Marketing-Mix den Punkt «Newsletter» abzuhaken – ohne vorher zu überlegen, was man überhaupt mit dem Newsletter erreichen will. Und so kennen wohl viele Organisationen den Ruf, der über den Gang oder in einem digitalen Kanal erschallt: «Morgen muss 
der Newsletter raus – hat jemand Ideen für Inhalte?» Natürlich sind das eher schlechte Voraussetzungen für den durchschlagenden Erfolg.

Alle nutzen E-Mails...

Dabei sind die Grundlagen auf der Seite der Empfänger:innen eigentlich nach wie vor nicht so schlecht: E-Mail ist nach wie vor das Medium, das praktisch alle nutzen, nicht nur täglich, sondern fast ständig. Kurzer Einschub, denn an der Stelle kommt manchmal der Einwand: «Aber meine Kinder schauen ihre 
Mails nie an, die sind nur auf TikTok, Snapchat, Instagram!» Das kenne ich, und es mag im Moment stimmen. Doch warten wir es ab. Sobald sie einen Job haben oder suchen, per E-Commerce auch mal selbst etwas bestellen wollen, statt es nur bei den Eltern in Auftrag zu geben et cetera, werden sie ihre Mails zwangsläufig beachten müssen, weil dieser Kanal bis auf Weiteres das Rückgrat der elektronischen Kommunikation darstellt. Und sei es nur für elektronische Belege, Versandbestätigungen und Tracking-Infos. Ich sehe bei uns kein universelles «WeChat» am Horizont, das das verändern würde. 
GenZ-Exkurs beendet. 

...und die Kosten sind niedrig

Natürlich werden viele, ja sogar die meisten, Newsletter gar nicht erst geöffnet. Aber der Versand ist so günstig – als Faustregel kann man je nach Volumen von einem halben bis einem Rappen pro versandter E-Mail ausgehen –, dass auch bei einer Öffnungsrate von zum Beispiel nur 20 Prozent der Mailkanal immer noch unschlagbar günstig ist, auch im Vergleich zu den digitalen Alternativen wie Google- oder Facebook-Ads, und zu analogen sowieso. Insbesondere ist beim Newsletter-Marketing logischerweise der 
Kontakt «gratis», denn diesen hat man ja bereits zu einem früheren Zeitpunkt auf anderem Weg akquiriert, weshalb Newsletter sich in der Kategorie «Owned Media» einreihen.

 

Bei den Klickraten werden die Unterschiede noch deutlicher. Als Durchschnittswert werden rund 3 bis 4 Prozent angegeben, wiederum mit einiger Streuung; wir haben bei unseren eigenen B2B-Newslettern schon Klickraten von über 10 Prozent erreicht. Von diesen Werten kann jede Social-Media-Kampagne nur träumen. Ein gut gemachter Newsletter ist somit ein Traffic-Garant für die Website oder den Onlineshop. Im B2B- wie im B2C-Bereich ist er ein gutes Mittel, um mit «Leads» in Verbindung zu bleiben, sodass sie hoffentlich eines Tages zu Kunden konvertieren. 

«Hauptsache, wir melden uns»?!

Was ist nun also der beste Inhalt für den Newsletter? Eine pauschale Aussage ist natürlich schwierig, je nach Branche, Geschäftsmodell, Zielgruppen, et cetera. Eins scheint jedoch sicher, nämlich was eben nicht reicht: «Hauptsache, unsere Kunden hören mal wieder irgendwas von uns …».

 

Wie immer hilft es, sich in die Rolle der anderen Seite zu versetzen, konkret in die Inbox der Empfängerin oder des Empfängers. Natürlich gibt es auch dort 
unterschiedliche Personas und Präferenzen, aber eins dürften alle gemein haben: Jede und jeder hat deutlich mehr Newsletter abonniert, als er oder sie lesen kann, und nur die wirklich gut organisierten und disziplinierten unter uns schaffen es, alle nicht gelesenen jeweils konsequent abzubestellen.

 

Das liegt einerseits daran, dass uns viele Newsletter zunächst untergeschoben werden, zum Beispiel mit dem leicht zwielichtig vor-angekreuzten Abo-Feld beim E-Commerce-Checkout. Freilich 
wäre es ein Leichtes, auf die erste unerwünschte Zusendung mit einem entschlossenen «Unsubscribe» zu reagieren; doch dort greift die leider allzu menschliche Schwäche «Fear of missing out», kurz FOMO: So einfach es war, auf den Newsletter-Verteiler zu gelangen, so schwer fällts oft erstaunlicherweise, ihn wieder abzubestellen, denn man könnte ja in der nächsten Ausgabe das Mega-Schnäppchen verpassen.

Nutzwert, Nutzwert, Nutzwert!

In der harten Realität führt dies zu einer stets überquellenden Inbox. Und dass 
mein Mailprogramm mir netterweise helfen will und meine Mails vorsortiert, 
führt de facto dazu, dass ich manchmal fast Angst habe, den Newsletter-Ordner auch nur zu öffnen, weil mich jeden Tag aufs Neue eine unmöglich zu bewältigende Lawine ungelesener E-Mails erwartet.

 

Dennoch lese ich natürlich jeden Tag diverse dieser Mails, wie wir alle – sonst wäre das Medium ja nicht so erfolgreich. Aber aufgrund welcher Kriterien? Neben einer gewissen Zufallskomponente, indem mich der Push der eingehenden Nachricht in einem guten Moment an der Tramhaltestelle erwischt, gilt vor allem: Nutzwert, Nutzwert, Nutzwert – und etwas Liebe – das alles auf der Basis von solidem Handwerk.

«Was bekomme ich für meine Zeit?»

Eine E-Mail zu lesen bedeutet einen gewissen Zeitaufwand, und ich öffne genau die, von der ich mir verspreche, dass sie mir diesen mit einem adäquaten Nutzwert zurückzahlt: die Newsmeldung, die ich gestern verpasst hatte, ein Update oder Denkanstoss zu einem Thema, das mich interessiert, ein Konzerttermin, für den es derzeit noch Tickets gibt, der kurze Schmunzler zwischen anderen Aufgaben, und nicht zuletzt natürlich der Klassiker: Auf den 27-Zoll-Monitor, den ich schon lange gern hätte, gibt es aktuell 20 Prozent Rabatt. (Umgekehrt aber Vorsicht: Kaum jemand will sich nur durch 
Aktions-Newsletter klicken, denn wenn das mein Anliegen wäre, gäbe es dafür 
wiederum einfachere Methoden im Web – weshalb die erfolgreichen Onlinehändler immer auch nutzwertige Inhalte mitschicken.)


Ein guter Newsletter kann sogar eine Zeitersparnis bieten, wenn mir die Zusammenfassung der Branchen-News vom vergangenen Tag die Lektüre anderer Medien (womöglich sogar mehrerer anderer Newsletter) erspart. Alle Morgen-Newsletter funktionieren letztlich nach diesem Schema: «Habe ich 
gestern auch nichts verpasst?»


Der Entscheid zum Öffnen basiert daher nicht etwa auf einer willkürlichen 
Zufallsauswahl, sondern auch auf einem Lerneffekt: Wenn ich den heutigen Newsletter als nützlich empfinde, steigt die Chance, dass ich ihn morgen oder 
nächste Woche wieder öffne. Das Nirwana in dieser Dimension ist erreicht, 
wenn er es in meine Medienroutine schafft: Wie abends Meteo oder die Tagesschau lese ich morgens beim ersten Kaffee immer denselben Branchen-Newsletter. Dennoch ist der Nutzwert nicht der einzige Faktor, denn nutzwertig könnte auch sein, nachts automatisch im CMS die Liste der zehn Top-Artikel des Vortages zu kompilieren und diese kommentarlos und unformatiert zu versenden. Was sogar manche Verlage bis heute praktizieren, ist aus meiner Sicht eine Newsletter-Todsünde – denn wer wollte den Tag mit einem Produkt starten, in dessen Erstellung sichtbar kein Mensch involviert war?

Ein bisschen «Mensch» muss sein

Wie in jedem Medium erwarten wir auch im Newsletter eine persönliche und 
menschliche Ansprache. Wenn er mit Herzblut und Liebe gemacht ist, ist der 
Newsletter wie ein freundlicher Bekannter, der uns am Morgen in unserer Inbox begrüsst, ebenso wie früher oder immer noch in der Zeitung das Editorial auf 
Seite 3. Viele Medien haben das inzwischen beherzigt und ihre Newsletter in 
den letzten Jahren entsprechend überarbeitet. Der Newsletter ist ein Sub-Brand mit eigenem Profil, der gleichberechtigt neben den anderen Onlinekanälen steht, der zum Beispiel einen eigenen Namen trägt, ein festes Team hat, das abwechselnd ein eigens erstelltes Editorial schreibt, oder uns sogar Einblick gibt in den Vortag der Redaktion oder die Entstehung der aktuellen Ausgabe. Der erfolgreiche Schweizer Onlinehändler Digitec Galaxus, inzwischen zur Migros gehörend, lässt uns regelmässig hinter die Kulissen schauen: Wie ging es uns am Black Friday? Haben die Server dem Ansturm standgehalten? So entsteht eine Verbindung über das Schnäppchen hinaus. 

«Zweitverwertung» statt Strategie

Bei diversen Medien und erst recht in vielen Marketingabteilungen ist diese 
Liebesbotschaft jedoch noch nicht angekommen. Nach wie vor betrachten die Verantwortlichen den Newsletter nicht als strategische Massnahme, sondern als Zweitverwertungskanal für bereits erstellten Content, der nur von der Website in den Newsletter «abgefüllt» werden muss, was naturgemäss am besten bei einem «Junior» aufgehoben ist. Mancherorts hat der Newsletter nebenbei die Aufgabe, eine Taktung vorzugeben, wann die Artikel fertig auf der Website sein müssen – wie es früher die Print-Deadline war. Auch nicht sehr strategisch. 


In kleineren Organisationen dagegen stellt sich die Frage: «Wer macht’s?» oft 
gar nicht, weil sämtliche Inhalte nur von einer Person erstellt werden. Von dieser hört man gelegentlich das nachvollziehbare Argument: Wir haben gar nicht genügend Inhalte für einen regelmässig versandten, hochwertigen Newsletter. Auch dafür gibt es einfache und effektive Abhilfe: die «Kuratierung» von Inhalten aus anderen Quellen, also das Verlinken der besten Artikel im Netz. 


Denn wenn Sie als Strategie für Ihren Newsletter definiert haben, Ihren 
Kund:innen oder anderen Zielgruppen einen Überblick über die aktuellen Themen Ihrer Branche zu geben, gibt es keinen Grund, dass diese Themen ausschliesslich von Ihnen selbst kommen müssen. Unsere Erfahrung aus zahlreichen Projekten zeigt sogar, dass kuratierte Newsletter teilweise besser gelesen werden als solche mit Inhalten, die nur von einem selbst stammen. 


Im Idealfall positionieren Sie sich mit einem kuratierten Überblick sogar als 
«Thought Leader». Weil Sie wissen, welche Themen Ihre Branche bewegen, 
können Sie sich auch mal zur Instanz aufschwingen, die in einer wochenrückschau durchgibt, welches die wichtigsten und besten Artikel waren. Und selbstverständlich sind Sie dabei nicht ganz neutral, was die Auswahl angeht: Ihre eigenen Artikel werden Sie immer prominent 
platzieren, wer wollte es Ihnen auch verdenken.

Vermeidbare Fehler im Newsletter-Marketing

Ganz zum Schluss bleibt das Handwerk. Newsletter sind wie gesagt nicht schwierig umzusetzen, es gibt keine technischen Knacknüsse zu lösen – umso ärgerlicher wäre es, wenn man alles andere beisammen hat, aber mit vermeidbaren Fehlern die Chancen auf Erfolg von vornherein schmälert. Nur drei simple Beispiele: Natürlich muss ein Newsletter «responsive» sein, also auf kleinen wie grossen Geräten gleichermassen gut aussehen, er sollte einen sprechenden Betreff haben ebenso wie einen Preheader, das ist der Text, der schon vor dem Öffnen angezeigt wird. Solche Checklisten können Sie an diversen Orten nachlesen, zum Beispiel in unserem ausführlichen E-Book unten.

 

Natürlich gibt es keine Kommunikationsform, die einen sicheren Erfolg garantiert. Allerdings musste ich in den vergangenen Jahren, fast etwas erstaunt, zur Kenntnis nehmen: Ein gut gemachter Newsletter kommt dem «todsicheren Ding» im Onlinemarketing am nächsten.

 

Wer die Regeln beherzigt, mit jedem Versand einen klaren Nutzen bietet und das richtige Mass an Liebe investiert, wird auf Jahre hinaus eine wachsende Zahl von Leserinnen und Lesern direkt erreichen, oft von diesen positives Feedback erhalten und Freude an soliden KPI und einem sehr guten «Return on Newsletter-Investment» haben.

 

Ein paar Tipps für Ihren Newsletter

Strategie – Erarbeiten Sie eine einfache Newsletter-Strategie und setzen 
Sie sich Ziele. Achtung: Zweitverwertung von Content oder Discount-Pushes sind noch keine Strategie!

Branding – Wenn es sich aus dem Konzept halbwegs natürlich ergibt, geben Sie Ihrem Newsletter einen Namen. Hören Sie dabei auf Ihr Bauchgefühl – wenn es nicht passt, passt es eben nicht.


Kuration – Wer keinen eigenen Newsroom hat, fährt gut mit einem Mix aus Eigen- und Fremd-Content. Kuration ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Überblick.

Thought Leadership – Meinungsführerschaft beginnt mit Mut: Zeigen Sie, dass Ihnen die Themen Ihres Newsletters am Herzen liegen; lassen Sie ihn vom CEO oder CMO unterzeichnen und bleiben Sie offen für Feedback. 

Clustering – Prüfen Sie, ob Sie mehrere Varianten für verschiedene Teilzielgruppen erstellen wollen. Individualisierungen erhöhen Öffnungs- und Klickraten.

Kleine Schritte – Die Tipps in dieser Liste dürfen Sie «peu à peu» umsetzen. Ein Relaunch-«Big Bang» kann, muss aber nicht erfolgen. 

 

 


 

E-BOOK

Whitepaper Newsletter-Marketing

Ultimativer Guide für erfolgreiches Newsletter-Marketing

Der Guide für erfolgreiches Newsletter-Marketing ist ein 
Kompendium über alles Wissenswerte zu zeitgemässem Newsletter-Marketing, mit konkreten Tipps & Tricks sowie praxiserprobtem 
Wissen von den Newsletter-Spezialist:innen von Scope. 
E-Book downloaden:

Zum Whitepaper

 

Topics: Newsletter und E-Mail, Content Marketing, Kuratieren, Konzepte und Strategien